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Probiotika – welche Bakterien werden eingesetzt?

Bakterien sind neben weiteren Mikroorganismen Teil des menschlichen Ökosystems. Sie besiedeln Haut und Schleimhäute und tragen zu einem funktionierenden Zusammenspiel zahlreicher Körperfunktionen bei.
Mittlerweile ist bekannt, dass einige Bakterienstämme besonders positive Eigenschaften besitzen und für ein intaktes und gesundes Darm-Mikrobiom essenziell sind. Seit mehreren Jahren beschäftigen sich Forschende damit, diese Bakterienstämme zu charakterisieren und zu isolieren, um probiotische Produkte zu entwickeln.
Darmbakterien: Einteilung in Familien, Gruppen und Stämme
Bakterien, die unseren Darm besiedeln, sind vielseitig und unterscheiden sich stark in ihren Eigenschaften sowie Effekten auf den menschlichen Organismus. Sie werden in Familien und weiter in Gruppen eingeteilt, deren einzelne Vertreter – welche als Stämme bezeichnet werden – unterschiedlicher nicht sein können.
Werden mit einem ganz bestimmten Stamm Studien durchgeführt und erfüllt dieser gesundheitsfördernde Eigenschaften, wird eine konkrete Stammbezeichnung vergeben. Man erkennt diese Stämme an ergänzenden Buchstaben oder Zahlenkombinationen hinter der eigentlichen Bezeichnung. Dies ermöglicht beispielsweise eine vereinfachte Vergleichbarkeit von Produkten und einen konkreten Indikationsbezug.
Zur Familie der Firmicutes gehören beispielsweise Lactobazillen, Enterokokken, Streptokokken und Clostridien. Relevante Stämme sind u. a. Lactobazillus rhamnosus, Enterokokkus faecium, Streptokokkus thermophilus und Clostridium difficile.
Anhand dieser Einteilung werden weitere wichtige Darmbakterien unterschieden:
- Bacteroidetes: Bacteroides (z. B. B. fragilis), Prevotella (z. B. P. copri)
- Actinobacteria: Bifidobacterium (z. B. B. bifidum, B. breve)
- Proteobacteria: Escherichia (z. B. E. coli), Klebsiella (z. B. K. pneumoniae)
- Verrucomicrobia: Akkermansia (z. B. A. muciniphila)
Probiotika: Was muss drin sein?
In Probiotika sind lebende Bakterienstämme enthalten, die nach dem Verzehr einen positiven Nutzen für den Körper haben. Probiotische Präparate beinhalten vermehrungsfähige Bakterien, die für den Darm günstige Stoffwechselprodukte, wie z. B. Milchsäure, produzieren. Damit soll eine gesundheitsfördernde Wirkung erzielt werden.
Hierbei ist es wichtig, dass Probiotika die Magen- und Gallensäure unversehrt überwinden und ausreichend lebensfähige Bakterien den Darm erreichen.
Mittlerweile gibt es zahlreiche Probiotika, in denen einzelne Bakterienstämme oder eine Kombination mehrerer Vertreter (Multi-Spezies-Probiotika) vorkommen. Sie werden als Arzneimittel, Medizinprodukte oder Nahrungsergänzungsmittel vertrieben.
Gut zu wissen: Können alle Bakterien als Probiotika eingesetzt werden?
Beim genauen Hinschauen fällt auf, dass in den meisten Probiotika immer Vertreter der gleichen Bakteriengruppen enthalten sind. Das liegt daran, dass nur wenige Darmbakterien außerhalb des Körpers bei Kontakt mit Sauerstoff überlebensfähig sind.
Zu den sogenannten fakultativ anaeroben Bakterien gehören beispielsweise einige Enterokokken, Streptokokken, Lactobazillen, Bifidobakterien und E. Coli. Im Gegensatz dazu stirbt der Großteil der im Darm lebenden Bakterien innerhalb kürzester Zeit außerhalb des Körpers ab. Diese obligat anaeroben Bakterien können aus diesem Grund nicht in Probiotika verarbeitet werden.
Forschende versuchen deshalb auf eine andere Weise die positiven Eigenschaften dieser Bakterien zu nutzen, beispielsweise indem sie diese pasteurisieren. Mit diesem Verfahren lässt sich eine Vielzahl an Bakterien-Stoffwechselprodukten oder Oberflächenproteinen generieren, die dann in Form eines Präparates verarbeitet werden. Man bezeichnet diese Produkte als Postbiotika. Ein Beispiel dafür ist ProBio-Cult® AKK1, welches pasteurisierte Akkermansia muciniphila enthält und für die Aufrechterhaltung einer intakten Darmschleimhaut eingesetzt wird.
Auch mit einer gesunden und ballaststoffreichen Ernährung fördert man das Wachstum der obligat anaeroben Bakterien, was langfristig zur Vermehrung dieser Stämme im Darm beiträgt.
Welche Bakterienstämme sind in Probiotika enthalten?
In der Apotheke findet man eine Vielzahl an Probiotika, die für eine ganze Bandbreite an Indikationen angewendet werden können. Während der Großteil als Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt ist, findet man darunter auch einige apothekenpflichtige Arzneimittel. Sie enthalten häufig nur einen einzigen Bakterienstamm und sind für eine ganz bestimmte Indikation zugelassen.
Beispielsweise werden
- Symbioflor® 1 mit Enterococcus faecalis-Bakterien bei wiederkehrenden Infekten der Atemwege bei Erwachsenen,
- Mutaflor® mit dem Escherichia Coli Stamm Nissle 1917 bei chronischer Verstopfung und
- Perenterol® mit Saccharomyces cerevisiae bei akutem Durchfall und Reisedurchfall angewendet.
Viele Probiotika enthalten bestimmte Stämme an Lactobazillen (z. B. BiGaia® mit L. reuteri, Innovall® RDS L. plantarum 299v), Bifidobakterien (z. B. Kijimea® Reizdarm Pro mit B. bifidum MIMBb75) oder eine Kombination aus beiden (z. B. Probielle® Pro-A, OMNIFLORA® N). Die Einsatzgebiete reichen von Magen-Darm-Beschwerden über Stärkung des Immunsystems bis zur Vorbeugung oder Behandlung von Darmdysbiosen.
Weiterhin gibt es Multi-Spezies-Probiotika, die Lactobazillen, Bifidobakterien und weitere Vertreter enthalten. In OMNi-BiOTiC® 10 und MyBIOTIK®PROTECT ist zusätzlich Enterococcus faecium W54 enthalten. Dieser Bakterienstamm wird vor allem gegen einen Antibiotika-assoziierten Durchfall, der durch Clostridien oder speziell C. difficile verursacht wird, eingesetzt.
In Lactobiogen® und Pure® Probio Basic ist ergänzend Streptococcus thermophilus verarbeitet, der einen positiven Effekt auf die Durchfallhäufigkeit nach Antibiotikatherapie hat und als Milchsäurebildner die Darmbarriere unterstützen kann.
Für die Indikationen Reizdarmsyndrom, chronische Verstopfung und vaginale Pilzinfektion werden bereits heute in den jeweiligen Leitlinien Empfehlungen für die Therapie mit Probiotika ausgesprochen.
Worauf ist bei der Einnahme von Probiotika zu achten?
Da Probiotika mittlerweile in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich sind, ist eine allgemeingültige Einnahmeempfehlung nicht möglich.
Neben Kapseln, Tropfen und Pulver zum Einrühren in Flüssigkeit gibt es auch Lutschtabletten oder Kapseln zur vaginalen Anwendung. Eine Probiotika-Therapie sollte immer über einen längeren Zeitraum stattfinden, damit die Bakterien ihre positiven Effekte ausüben können und der Kunde langfristig davon profitiert.
Auch wenn Probiotika in den meisten Fällen sichere und nebenwirkungsarme Behandlungsmöglichkeiten darstellen sollte bei
- schwerkranken,
- immunsupprimierten und
- durch Erkrankungen abwehrgeschwächten Menschen
vor der Abgabe immer ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt angeraten werden. Quellen:
- https://www.frontiersin.org/journals/microbiology/articles/10.3389/fmicb.2024.1487641/full
- https://waswirnichtsehen.de/superstars-der-darmbakterien/
- https://flexikon.doccheck.com/de/Probiotikum
- Kühnast C, Verkaufsschulung Mikrobiom, Deutscher Apotheker Verlag, 2022